25/09: Menschenrechte statt geschlossener Grenzen für Flüchtlinge
Laut UNHCR sind weltweit über 122 Millionen Menschen auf der Flucht – mehr als je zuvor. Die Gründe dafür sind vielfältig: Kriege, Verfolgung und Repression, Naturkatastrophen sowie wirtschaftliche Not. Nur ein kleiner Teil dieser Menschen gelangt in die Schweiz. Im Jahr 2024 stellten 27'740 Personen ein Asylgesuch, was einem Rückgang von acht Prozent gegenüber 2023 entspricht. Zudem erhielten 9'300 Menschen – mehrheitlich Ukrainerinnen und Ukrainer – den Schutzstatus S. Gleichzeitig ist die Zahl der illegalen Grenzübertritte um über 40 Prozent gesunken und liegt bei 29'500 Fällen. Damit liegen die aktuellen Zahlen erneut unter jenen des Vorjahres. Gegenwärtig leben in der Schweiz rund 91'000 anerkannte Flüchtlinge, 45'000 vorläufig Aufgenommene und 68'000 Personen mit Schutzstatus S. Zusammengenommen entspricht dies rund zwei Prozent der Bevölkerung.
Seit 2008 ist die Schweiz Teil des «Dubliner Übereinkommens», das die Zuständigkeit der EU-Staaten für Asylgesuche regelt. Da Flüchtlinge auf dem Landweg ein EU-Land durchqueren, könnte die Schweiz sie an der Grenze zurückweisen. Viele Migranten stellen jedoch in den EU-Staaten kein Asylgesuch, wodurch die Schweiz zuständig wird. Zudem halten sich nicht alle Dublin-Staaten an die Regeln, da etwa Italien und Ungarn ihre Gesuchsteller häufig nicht zurücknehmen.
Im Mai 2024 lancierte die SVP die sogenannte «Grenzschutz-Initiative». Diese fordert systematische Grenzkontrollen, ein jährliches Asylkontingent von maximal 5'000 Personen sowie die Verweigerung von Asyl für Menschen aus sicheren Drittstaaten. Die Partei spricht in diesem Zusammenhang von explodierenden Kosten in der Höhe von 3,5 Milliarden Franken sowie von steigender Kriminalität durch Asylsuchende. Kritiker hingegen warnen vor möglichen Menschenrechtsverletzungen an der Grenze und einem Verstoss gegen das Non-Refoulement-Gebot, das eine Rückweisung in Länder verbietet, in denen Verfolgung, Folter oder gar Tod drohen. Willkürliche Obergrenzen könnten zudem das Rechtsstaatsprinzip untergraben und Schutzsuchende in die Illegalität drängen. Auch die humanitäre Tradition der Schweiz wäre dadurch gefährdet.
Das Asylwesen betreut Menschen, die oftmals traumatische Erfahrungen hinter sich haben. Dennoch kursieren immer wieder falsche Behauptungen über angeblich «hunderttausende Asylmigranten» pro Jahr. Straftaten einzelner Asylsuchender werden im Diskurs der SVP verallgemeinert, um ein Minderheitenproblem auf alle Flüchtlinge zu übertragen. Gleichzeitig zeigen die hohen Zahlen an akzeptierten Gesuchen, dass viele Schutzsuchende berechtigterweise in der Schweiz Zuflucht finden. Integration bleibt dabei eine zentrale Aufgabe, die Betreuung und Unterstützung erfordert.
Da niemand freiwillig flieht, ist es entscheidend, die Fluchtursachen anzugehen. Eine Entlastung des Asylsystems könnte durch Quotenmodelle zur fairen Verteilung innerhalb Europas, durch finanzielle Ausgleichsmechanismen, durch eine intensivere Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern sowie durch eine aktive Integrationspolitik erreicht werden. Ziel sollte ein solidarisches, gemeinsames Asylsystem sein, an dem sich auch die Schweiz im internationalen Kontext aktiv beteiligt.
Die Wahrung der humanitären Tradition bedeutet, ein Asylwesen im Einklang mit Rechtsstaatlichkeit, Völkerrecht und Menschenrechten zu pflegen. Abschreckung und Grenzschliessungen hingegen erhöhen die Risiken für Menschen auf der Flucht. Wer den langen und gefährlichen Weg bis nach Europa schafft, tut dies aus Not. Beispiele gelungener Integration in Schulen und im Berufsleben zeigen, dass ein Miteinander im Alltag funktioniert – und dies nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist. Solche Erfolge gilt es zu schätzen und weiterzuführen.
Manfred Spalinger, GRÜNE Weinland